Betroffene sind keine Täterinnen

 

Am 13. Juni 1782 wurde Anna Göldi als eine der letzten Frauen in Europa wegen Hexerei hingerichtet. Sie hat als Dienstmagd im Haushalt der Glarner Familie Tschudi gearbeitet. Der Hausherr Johann Jakob Tschudi, der als Arzt, Ratsherr, Richter und Regierungsrat amtete, beschuldigte sie, Stecknadeln in die Milch seiner Tochter gezaubert zu haben. Anna Göldi gestand daraufhin unter Folter, dass sie vom Teufel getrieben wurde. Sie wurde schliesslich wegen Giftmord per Schwert hingerichtet.

 

ANNA GÖLDI WAR IM WEG

Spätere Recherchen lassen vermuten, dass Jakob Tschudi Anna Göldi aus dem Weg räumen wollte. Ihr Vorwurf der sexualisierten Gewalt kam für seine Karriere ungelegen. Anna Göldi hatte sich mit einem mächtigen Mann angelegt, indirekt aber auch mit einem patriarchalen Gesellschaftssystem, in dem Männer bestimmen, was vor Gericht kommt und Betroffene sexualisierter Gewalt zu angeblichen Täterinnen gemacht werden. 

 

VERTUSCHUNG SEXUALISIERTER GEWALT

Der Fall von Anna Göldi ist ein typisches Beispiel für die Vertuschung sexualisierter Gewalt im Europa der Hexenverfolgung. Aber auch heute ist die Dunkelziffer hoch: Laut einer Studie von 2019 behalten die Hälfte der betroffenen Frauen Vorfälle sexualisierter Gewalt für sich. Nur acht Prozent erstatten Anzeige. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Gewaltopfer als solche anerkannt und Gewalttäter als solche verurteilt werden!